Reiseliteratur

Auf den Spuren des Qat

Kevin Rushby  “Eating the Flower of Paradise -A journey through the drugfields of Ethiopia and Yemen”

Sie kennen wahrscheinlich das Gefühl, wenn man ein Buch anfängt zu lesen und nach ein paar Seiten feststellt, Mensch ist das geil. Der Autor spricht über Details, die sie faszinieren, mit Worten die sie verstehen über ein Thema, über das sie schon seit langem mehr wissen wollten. Kurzum, ein Buch von dem sie, wenn Sie es ausgelesen haben denken werden, das es viel zu dünn war.

Die Geschichte beginnt in einem Londoner Stadtteil, wo der Autor, nach einem längeren Arbeitsaufenthalt im Jemen an die dort übliche Droge Qat gewöhnt, sich auf die Suche macht selbige zu finden. Er endet in einem Hinterzimmer und lernt dort Exiljemeniten sowie ein paar Äthiopier kennen. Während eines Gespräches entsteht die Idee auf den Spuren des Qat diese beiden Länder zu bereisen. Kurze Zeit später sitz er bereits im Flieger nach Addis Ababa, wo seine Reise beginnt.

Der Autor, der selbst viele Jahre als Englischlehrer im Sudan, im Jemen und Asien gearbeitet und ist ein viel belesener Mann. Er verfügt nicht nur über ein sehr ungewöhnlich breites Wissen der historischen und kontemporären Reiseliteratur, sondern auch noch darüber hinaus über umfangreiche Kenntnisse über Kulturen und deren Traditionen in der arabischen Welt. Sein Schreibstil ist frisch und fließend. Ständig setzt er eigene Erlebnisse in den jeweiligen kulturellen oder historischen Kontext und ermöglicht so ein besseres Verständnis der Ereignisse. Zudem trifft er sehr außergewöhnliche Menschen und erlebt dabei zum Teil unglaubliche Geschichten. So lernt er einen Kongolesen kennen, der Blutdiamanten von Jonas Savimbi über Djibouti weiterverkauft oder nimmt an einer Geisteraustreibung in den Bergen des Jemen teil. Als roter Faden der Reise von Addis Ababa nach Sana’a, der Hauptstadt des Jemen dient ihm das Qat. Diese von den meisten Jemeniten, aber auch zunehmend in Äthiopien genutzte Droge, wird in dieser Region im großen Stil angebaut und gilt als Kitt bzw. Katalysator für die Gesellschaften am Roten Meer. In Europa verboten, zeigt uns der Autor auf anschauliche Weise wie tief diese Pflanze im Alltag der Menschen verwurzelt ist, ohne dabei jedoch eine wertende Sicht auf die Dinge einzunehmen, sondern schildert anhand seiner Erlebnisse beide Seiten des Qatkonsums. So erhält der Leser einen einmaligen Einblick in die Welt des Qat selbst. Wie und wo es angebaut wird, wer es wem verkauft und wie und wo es konsumiert wird. In einem Extrateil, den er Consumer’s Guide nennt, bekommt der Leser den Grundwortschatz an die Hand mit dem es möglich wird, einerseits qualitativ hochwertige Qualität von billigem Qat zu unterscheiden und noch viel wichtiger, bei einer Qatrunde mitreden zu können.

Das Buch verbindet auf ausgezeichnete Art und Weise die Vorzüge eines klassischen Reiseberichtes mit den Vorteilen des Sachbuches und dem Esprit eines Autor, der jenseits von GEO und Co. sich nie scheut Risiken und Gefahren einzugehen.

Selten habe ich ein Buch gelesen, in dem Wissen und Abenteuer eine derartig fruchtbare Symbiose eingehen.

Und kaum hat man die letzte Seite des Buches gelesen, steigt in einem das beklemmende Gefühl auf, dass einem wahrscheinlich für längere Zeit nicht wieder so ein Buch in die Hände fallen wird.

Kevin Rushby: „Eating the Flower of Paradise“. Flamingo, 322 Seiten, ca. 10 Euro bei www.amazon.com.uk

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  1. Terrific post but I was wondering if you could write a litte more on this subject? I’d be very grateful if you could elaborate a little bit more. Thanks!

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