Festival Reiseberichte

Ozora oder Zeltplatz mit Musik

Ohne größere Umwege begaben wir uns Ende Juli in das Land Orbanien, gut eine Stunde südlich des Plattensees, um zu prüfen, wie es ist mit Kids und im fortgeschrittenen Alter auf einem großen Festival zu feiern. Um es gleich vorwegzunehmen: irgendwie anders.

Das man älter wird, merkt man nicht nur, dass man häufiger Mate trinkt als früher, Kleingeschriebenes erschreckend weit vom Gesicht weg halten muss oder sich hin und wieder Sorgen über die nachfolgende Generation macht. Nein, man merkt es vor allem beim Feiern. Zumal auf einem großen Festival wie der Ozora, auf der wir in diesem Jahr mit der gesamten Mannschaft antraten. Psytrance-Festival mit vier Kindern? Hä?

Steuerte man vor dem Krieg vor allem zwischen 18 und 8 herum, ist man nun eher in der anderen Tageshälfte unterwegs. Leute, die man früher nie getroffen hätte, lernt man nun beim gemeinsamen Talk über Kids und potenzielle Urlaubsziele näher kennen. Auch das orientierungslose Rumstolpern oder das allgegenwärtige Geräusch, ob alle Schnupfen hätten, entfällt. Das wird indes durch das ungenierte Trinken von Unmengen Weins und heimlich gerauchten Sportzigaretten ersetzt. Und statt einem Vortrag zu Sacred Geometry zu lauschen, geht man nun eher zum Kinderyoga. Aber hey, was soll man machen? Es ist doch auch schön, oder?

Das Schwingen des Tanzbeins bzw. der Tanzbeine funktioniert überraschenderweise noch (fast) wie früher. Vor allem tagsüber zu zappeln war anno dazumal schon groß und ist heute nur noch umso intensiver. Und statt wie in den Nullerjahren irgendwelchen Elfen hinterherzustürzen, spricht man sich nun lieber mit seiner Lebensabschnittsgefährtin ab, wann man abends nochmal los möchte. Klingt alles traurig meinen Sie? Alt werden ist jetzt an sich nicht so cool, aber mit Kids auf der Ozora schon!

In einer riesigen Scheune – dem ArtiBarn- haben die Kids jeden Tag wechselndes Bastel- und Tüftlerprogramm. Nebenbei gibt es noch tägliche Kochkurse für die Generation Chicken McNuggets. Und wenn zwischendurch noch das vorgeschlagene Progressive Trance Set vom graumelierten DJ – Papas Fav – noch zum Tanzen animiert, hat man zumindest schon mal eins: Happy Kids. Und die Eltern? Denen war schon im Voraus klar, dass ein Festival mit kids, ein Festival für kids ist. Und das heißt: während früher der Zeltplatz uninteressant war, ist es nun umgedreht. Aber Hand aufs Herz: lieber Zeltplatz mit Musik als Sportplatz mit Hecke, oder?

Prioritäten verschieben sich nun mal und das ist auch gut so. Bleibt nur zu hoffen, dass unsere Kids ein paar Dinge ins Land der hängenden Mundwinkel hinüberretten können. Denn eins ist klar, die Bubble fühlt sich immer wieder fantastisch an und man wünscht sich nach 8 vollen Tagen Realitätsflucht, dass die ganze Welt so drauf wäre. Immerhin: Dekompression mit kids geht irgendwie einfacher.

Wenn man nun die Ozora mit der Boom, dem Rainbow oder dem Africaburn vergleichen würde, dann wäre die Festivität die mit Abstand kinderfreundlichste. Dafür aber nicht so verkunst wie die Burns, weniger trippy als das Rainbow in den Nullerjahren und auch mit weniger Gästen aus Übersee. Und dennoch oder gerade deswegen ein großartiges Festival das für Menschen mit und ohne kids definitiv eine Reise wert ist.