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34 Tage – Von Paris nach Berlin zu Fuß und ohne Geld.

Der Autor und Journalist begibt sich im Sommer 2003 ohne Geld zu Fuß auf eine 1100km lange Reise durch vier Länder von Paris nach Berlin. Die eingangs erwähnte Motivation des „Abenteuer-Erlebens“ im „satten“ Mitteleuropa weicht auf der Strecke zunehmend dem Druck, den unterschriebenen Vertrag mit seinem Verleger und der bereits ausgezahlten Anzahlung einzuhalten. Eine Geschichte, in der der Weg also mal nicht das Ziel ist.

Immer entlang der Hauptstraßen marschiert Altmann mit seinem Rucksack zwischen 30 und 40km täglich. Und weil er kein Geld hat, aber gern Kaffee trinkt, muss er betteln. Dies tut er in Bäckereien, kleinen Läden und natürlich bei Passanten. Von diesen Menschen, von ihrer Großzügig- oder Hartherzigkeit, ihren Schicksalen oder anderen zufälligen Begegnungen handelt dieses Buch.

Jeden Tag the same procedure: Zeitig aufstehen, in die erste Bäckerei hinein, um Essen zu erbetteln, in den Ortschaften auf dem Weg Menschen nach Geld anschnorren. Abends die Suche nach einem Übernachtungsplatz, nach einem Obdachlosenheim, nach Ruhe und Frieden. Über die jeweilige Gegend, die Landschaft, die Mundart, die Architektur der Häuser, das Typische einer Region erfahren wir so gut wie nie etwas.

Schnell wird klar: Es geht um den Protagonisten Altmann, der teils amüsant, teils herablassend und arrogant über seine Mitmenschen urteilt. Er, der gut gebildete Großstädter, möchte nicht wie die „Lemminge leben“, kein „harmloses“ Leben führen, geschweige denn seine Lebenszeit für Banales verschwenden. Er sieht sich vielmehr in der Tradition großer Abenteurer, die auf der Suche nach der Wahrheit (hier vor allem das unverstellte Mensch-Sein) waren. Und die findet man offenbar am ehesten beim einfachen Volk, bei den Alkoholikern, bei den Obdachlosen, Witwen und Gestrauchelten. Wie so oft zeichnet hier jemand ein klischeehaftes Bild einer Gesellschaft, das in Wirklichkeit voller Widersprüche ist. Er schimpft über die SUV-Fahrer, die Konsumwütigen, die Unreflektierten, die ihn am Straßenrand fast überfahren, aber ist überrascht, wie elegant und großzügig ihm ein Porschefahrer Geld gibt. Solche Begebenheiten verkommen leider oft zu bloßen Randnotizen.

Bereitet das Lesen am Anfang noch Spaß, so lässt der drive des Buches mit der zunehmenden Ermüdung des Wanderers nach. Betteln um zu Essen, Weiterschleppen, Schlafplatz suchen. Das ist der tägliche Dreisatz, eines gehetzten Abenteuersuchenden, der offenbar vor lauter Langeweile im abenteuerleeren Europa nicht mehr weiß, was er machen soll. Aber nicht nur das.

Im Namen der Bestandsaufnahme unserer Gesellschaft bettelt er sich durch Deutschland, mit dem Vertrag in der Tasche, daraus eine verkaufbare Story zu machen. Er, der studierte Jurist und Psychologe, hat keine Zeit irgendwo mal zu sein – kein Ruhetag, kein Besinnen, kein Verweilen. Vielmehr ein klares Ziel und einen klaren Zeitplan. Dabei ist es interessant, wie schnell er dann letztlich die Gegenden durchschreitet, obwohl er zu Fuß ist und wie viel Allgemeingültiges er aus den wenigen, kurzen Begegnungen ableitet.

Andreas Altmanns Suche nach Wahrheit und Wahrhaftigkeit in Mitteleuropa ist nur bedingt empfehlenswert.

Andreas Altmann 34 Tage/ 33 Nächte. Von Paris nach Berlin zu Fuß und ohne Geld. Frederking& Thaler Verlag, München 2004. 247 Seiten.