Inselkoller Reiseberichte Zeitgeist

Eine Runde um den (Ost-)Block

Ein Traum von See

Sommer 2019, der erste freie Sommer seit Jahren und entsprechend hoch waren die Erwartungen an diese Elternzeit, die wir alle gemeinsam verbringen wollten. Wir, das sind Mandy und Mirko, Jason, Jaqueline und der kleine Jochen. Das Ziel ward schnell ausgemacht: Freunde in Ulan Bator (Mongolei) zu besuchen. Klingt nicht schlecht. Elternzeit, eine lange gemeinsame Reise, viele tolle Erlebnisse, nicht an Arbeit denken müssen und mal richtig frei sein. Aber langsam. Eins nach dem anderen.

Denn so eine Reise beginnt oft viel, viel eher. Spätestens jedoch mit zwei Streifen auf dem Test und der Bestätigung des Arztes. Bei uns lagen zwischen beiden Ereignissen 1,5 Jahre. Erst einmal gab es: Stress. Stress mit dem Ex bezüglich der neuen Situation, im Hinblick auf die bevorstehende Reise, die Mitnahme des Kindes, mit der Schule, da beide Kinder schulpflichtig. Es folgten monatelanges Verweilen vorm mobilen Endgerät zwecks Fahrzeugsuche. Dann wurde ein Schrauber für das Fahrzeug gesucht, Ersatzteile, das richtige Equipment, ein Zwischenmieter für die Wohnung. Weiter ging es mit Reiseführer wälzen und Blogs durchforsten, Youtoube-Videos schauen und Kontakte von Freunden und Kollegen anleiern. Visa beantragen, die Klassenleiterin treffen, die Vollmacht vom Ex vorschreiben, sich impfen lassen. Und das alles und noch viel mehr mal eben parallel zum ganz normalen Alltagswahnsinn. Allein davon bräuchte man schon Urlaub.

Dann der letzte Tag. Abschiedssause, Übergabe des Schlüssels an den Zwischenmieter, Kinder in die Kindersitze und ab durch die Mitte Richtung Osten. Die Tour: ambitioniert. Erstmal Meter machen, Anfang Juni Einreisedatum auf dem Russlandvisum. Auch mal ein paar Fahrtage mit 500 km. In der grauen Realität, im brutalen Reisealltag sind jedoch nicht mehr als 250 km zu schaffen. Trotz frühem Aufstehen und Mittagessen im Bus. Schon am ersten Abend Stopp und 2-tägiger Aufenthalt entgegen jeglicher Planung. Je länger die Reise dauert desto klarer wird es, dass wir die Mongolei wohl nicht zu sehen bekommen. Es ist heiß, die Kinder rebellieren, das Baby hat Probleme mit der Hitze. Der Vati macht Druck, der Rest geht lieber erstmal Baden. Aus dem anvisierten Roadtrip wird eine Eisess-Badesee-Reise. Am Kaspischen Meer dann die Entscheidung: Wir biegen nach Südwest ab und fahren in den Kaukasus, raus aus der Hitze. Die Auswirkungen des Lebens auf 10m2 zu fünft mit Kleinstkind machen sich langsam bemerkbar. Die Stimmung ist manchmal angespannt, die Entscheidungen werden schon längst nicht mehr einstimmig gefällt.

Nach 8 Wochen dann die ersten unüberbrückbaren Differenzen trotz Unterkunft mit Swimmingpool und armenischem Rundum-sorglos-Programm. Eine Woche später der geordnete Rückzug, sprich Rückreise der einen bzw. Weiterreise des anderen. Dann ein paar Wochen Funkstille. Es ist vollbracht. Die Reise ist zu Ende. Die Auf- und Verarbeitung des Erlebten fängt gerade an. Noch ein paar Wochen zu Hause und dann fängt der Job schon wieder an, gerade jetzt wo man Urlaub gebrauchen könnte.

Am Ende ist die Reise ganz anders verlaufen als geplant, die Route war nach ein paar Tagen schon Makulatur, die Erwartungen wichen schon bald einem täglichen Reisealltag, den es zu bewältigen galt. Reisen als Alltagsroutine ist kein Ponyhof, sondern knallharte Arbeit. Das sollte jedem bewusst sein, wenn er so etwas plant. Auch wenn die Lichtbildreferenten und -Referentinnen einem etwas anderes weismachen wollen. Gleichzeitig bleiben aber vor allem die anstrengenden, um nicht zu sagen schmerzhaften Erlebnisse hängen. Aber die müssen nicht zwingend negativ sein. Aber wie so oft weiß man das hinterher immer besser.