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Wo die Taliban Urlaub machen würden

Frischer Tuna
Frischer Tuna

Es bedarf wahrscheinlich nicht vieler Zutaten, damit ein Land oder eine Region in die nähere Auswahl für einen Urlaub der Taliban kommt. Am besten viel von gar nichts. Keinen Alkohol, keine westlichen Einflüsse, vorschriftsmäßig gekleidete Frauen und Natur pur, so wie sie der liebe Gott erschaffen hat. Klingt nach Urlaub in Afghanistan oder Saudi Arabien. Aber da höre ich schon wieder die „Schüler“ stöhnen: „Nicht schon wieder“. Gut, abgemacht, dieses Mal geht es in den Jemen, und genauer gesagt nach Sokotra. Diese im Indischen Ozean vor der Küste Afrikas gelegene Insel ist in vielerlei Hinsicht einzigartig. Einsamste Sandstrände, größtenteils endemische Flora und Fauna und unberührte Bergwelt. Dabei ist die gerade mal 120km mal 45km große Insel zuverlässig nur ein Mal pro Woche per Flug aus der Hauptstadt Sana’a zu erreichen. Die etwa vierzigtausend Einwohner sind eine bunte Mischung aus verschiedenen afrikanischen, indischen und arabischen Einflüssen. Aber auch die Begrüßung zwischen Männern ist einzigartig: Man reibt die Nasen mehrfach aneinander. Außerdem sprechen die Bewohner eine eigene nur auf der Insel gesprochene Sprache.

In Skand
In Skand

Seit jeher ist die Insel ein Kreuzungspunkt für den Handel zwischen Indien und Afrika und auch noch heute orientieren sich die Sokotris eher in Richtung Indien oder Persischer Golf. Fahrzeuge mit Rechtslenkung ohne Nummernschild gehören dabei zum normalen Straßenbild. Neben einer völlig unberührten Unterwasserwelt, die seinesgleichen wahrscheinlich nur an der Küste nördlich von Port Sudan hat, sind die direkt von der Küste aufsteigenden Berge das beeindruckendste, was die Insel zu bieten hat. Zerklüftete Bergrücken mit tiefen Canyons, Drachenblutbaumwälder, endemische Blumen und verstreut lebende Beduinen, die am Abend am Lagerfeuer ihre alten Gedichte vortragen, sind das eigentlich Wunderbare.

Drachenblutbäume von Firmhin
Drachenblutbäume von Firmhin

Man fühlt sich teilweise wie im Paradies. Einziger Wermutstropfen: Nach ein paar Tagen ohne die Vorzüge der Zivilisation langweilt sich der/die Westeuropäer/in ziemlich schnell. Langweile im Paradies? Als ob man es nicht geahnt hätte. Für die Taliban ist es vermutlich ein herrliches Gefühl sich mal richtig zu langweilen nach den ganzen Anstrengungen des Alltages. Vielleicht liegt es ja auch daran, dass die Insel bis heute, obwohl politisch zum Jemen gehörend, als sicher für Touristen gilt.

Westlich von Di Hamri
Westlich von Di Hamri