lernte ich Hans* kennen, der mich aus der Südvorstadt mit seinem 4er Golf ins Ostsächsische mitnahm. Mit dabei waren zwei Azubinen des Schneiderhandwerkes. Hans, ein offener und gebildeter Familienvater Ende dreißig begab sich an die Elbe, um er an der staatlichen Operette ein Engagement als Musiker anzutreten. Sein Traum in den USA zu arbeiten und zu leben, hatte sich mit dem ersten Kind und dem ersten Engagement etwas nach hinten verschoben, da er als Selbstständiger sich keine Auszeiten erlauben könne. Er berichtete, dass Frack und Smoking nach 15 Bühnenjahren schon abgenutzt seien, aber das Finanzamt diese Kleidungsstücke nicht als Berufskleidung anerkennt. Die beiden Frauen auf dem Rücksitz waren pfiffig und adrett und gleichzeitig die einzigen beiden Azubinen der Maßschneiderei aus Leipzig. Hans kannte die beiden großen Maßschneidereien der Stadt und es entwickelte sich ein lebhaftes Gespräch über die Maßschneiderei, Musiker und Schauspieler sowie Reiche der Stadt, die sich einen maßgeschneiderten Morgenmantel für 2000€ leisten können. Eine nette Runde am Morgen auf vier Rädern. Es fehlte nur der Kaffee und der Lehnstuhl. Am Bahnhof endete die Fahrt und die vier kreativen Dienstleister entschwanden in Ihre ganz eigenen Welten. Mal wieder hatte eine Woche begonnen.
* Name vom Verfasser geändert
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