Afrika Festival Reiseberichte

Lost in Gnaoua – Das Gnaoua Festival von Essaouira

Altstadt von Essaouira
Altstadt von Essaouira

Es ging um nichts Geringeres als einen alten Traum zu verwirklichen. Der Gegenstand der Begierde: das jährlich im Juni stattfindende Gnaoua Festival in Essouaira an der marokkanischen Atlantikküste. Seitdem ich auf meiner ersten Reise in den Maghreb davon erfahren hatte, wollte ich unbedingt einmal dorthin. 17 Jahre später sollte es endlich soweit sein. Wer mit dem Begriff Gnaoua nichts anfangen kann, dem seit gesagt, es handelt sich dabei um Musik aus Westafrika, die von den Sklaven mit in ihre neue Heimat, die Herrscherhöfe der marokkanischen Sultane, gebracht wurde und hier auf lokale arabophone Musik traf. Die daraus entstandene Mischung ist einzigartig. Einen kurzen Überblick findet ihr hier: http://en.wikipedia.org/wiki/Gnawa_music

Asir Burtuqal
Asir Burtuqal

Am 12.06. erreichten wir via Berlin, Kopenhagen, Casablanca und Marrakesch das kleine pittoreske Hafenstädtchen mit seiner schönen Altstadt. Auf fünf verschiedenen Bühnen, davon allein vier in der Medina wurde täglich ab 20 Uhr musiziert. Von den fünf Bühnen waren zwei ohne Eintritt und drei kostenpflichtig. Die etwa 15€ pro Abend sind bei diesen sogenannten concerts intimistes gut angelegt, weil man in einem einmaligen Setting, z.B. in einem alten Haus einer Muslimbruderschaft auf Teppichen liegend die Kapelle aus unmittelbarer Nähe erleben kann. Überraschend war, dass es sich bei diesem Festival nicht um ein für Europäer inszeniertes Spektakel handelte, sondern eher ein großes marokkanisches Familienfest war. Bis tief in die Nacht waren die Familien mit Kind und Kegel unterwegs, um diese einmalige Musik zu erleben. Das spannende an dieser Veranstaltung waren die eingeladenen Musiker, die aus allen Herren Ländern zu Besuch kommen, um die Idee des Fusion zu zelebrieren. Gnaoua ist dabei ein eine Musikstil, der immer wieder Neues von außen aufnimmt, um das Eigene weiterzuentwickeln. Das ist für mich vielleicht die ureigenste Wesensart des Gnaoua. Über die Musik hinaus gab es aber auch viele weitere Veranstaltungen im Rahmen des Festivals. So fanden u.a. Diskussionsforen zu bestimmten Themen mit spannenden Leuten, zahlreiche Kunstausstellungen oder ein Skateboard- und Breakdance-Contest statt.

Offizielles Festivaltransportfahrzeug
Offizielles Festivaltransportfahrzeug

Wir hatten letztlich nichts anderes zu tun, als den ganzen Tag dem Müßiggang zu frönen und uns am Abend von zum Teil sehr treibender, ja manchmal sogar psychedelischer Musik entrücken zu lassen. Dabei ging es den Musikern auch, nämlich Gott mittels der Musik näher zu kommen. Das traf sich also gut. Oder um es mal ein wenig höher aufzuhängen: schön, dass es ein solches Musikfestival gibt, wo das seit Jahrhunderten bestehende kulturelle Erbe gepflegt und weitergesponnen wird. Der Blick geht nach Süden, auch wenn die großen Gastmusiker oft aus Europa und den USA kommen. Ein sehr zu empfehlendes, vor allem auch familienfreundliches Festival, wo man Musik mit Urlaub auf stressfreie Art und Weise verbinden kann. Auch wenn die Musik sehr Sparte ist, so lohnt es sich auf jeden Fall mal vorbeizuschauen, weil auch hier gilt, wer nicht bereit ist sich Neuem zu öffnen, wird in seinem eigenen Saft verschmoren.

Lost in Gnaoua
Lost in Gnaoua