Ränder der Globalisierung Reiseberichte

Travels by boat along the river Saale

feels like on the Omo river
feels like on the Omo river

Vier unerschrockene Männer hoben Ende Mai das Paddel auf und nahmen die Herausforderung an:

Die Erstbefahrung des noch völlig unentdeckten, zweitgrößten Nebenfluss der Elbe, der Saale zu wagen. Naja, sagen wir so gut wie unentdeckt.

Oft hatten wir in der Vergangenheit von den noch unerforschten Völkern und ihren Eigenheiten an den Ufern dieses Flusses gehört, jetzt wollten wir es endlich selbst erleben. Dabei vertrauten wir zwei Doppelfaltbooten der Marke Pouch RZ 85/0 unsere Expedition an. Nur mit dem Notwendigsten ausgestattet, fuhren wir mit der Deutschen Bahn nach Jena, einer Kleinstadt an selbigen Fluss, die als Ausgangspunkt unserer Reise dienen sollte. Keine fünfzig Meter nach der Einsetzung der Boote hatten wir schon den ersten Verlust zu beklagen: ein überlebenswichtiges Paddel wurde vom Fluss erfasst, fortgetragen und nie wieder gesehen. Der niedrige Wasserstand zwang uns zur Anlandung, der mit einem Erstkontakt der lokalen Bewohner einherging. Obwohl wir extra ein, die lokale Mundart beherrschendes Expeditionsmitglied dabei hatten, stellte sich die Kommunikation als sehr schwerfällig, ja geradezu unmöglich dar. Die locals saßen mit großen Augen um eine Feuerstelle und bereiteten sich Fleisch zu während Sie aus Flaschen ein uns unbekanntes Getränk zu sich nahmen. Nach einer kurzen Reparatur ging die Reise weiter oder sagen wir lieber erst richtig los. Überall an den Ufern trafen wir in der Folgezeit auf Gruppierungen jugendlicher Horden, die sowohl Fleisch brieten als auch Glasflaschen leerten. Einzig der musikalische Untermalung variierte von Feuerstelle zu Feuerstelle.

are they coming?
are they coming?

Je mehr die Tageszeit voranschritt, entvölkerte sich die Gegend zunehmend und machte Burgen und Festungen Platz, die hoch über dem Fluss thronten. Der Fluss verlangte nur unsere ganze Aufmerksamkeit, da die Strömung zunahm und immer wieder Bäume im Fluss lagen, die umbootet werden mussten. Die Flora und Fauna war atemberaubend. Ein uns unbekanntes Nagetier, das selbst vor den größten Bäumen nicht zurückschreckt, begleitete uns immer wieder den Fluss entlang. Nur durch den Genuss mitgebrachter Rauchwaren konnten wir Ruhe bewahren. Immer wieder stellten sich uns nun reisende Stromschnellen in den Weg, die wir durch Aus- und wieder Einschiffen der Boote umgehen mussten. Kurz vor der Dunkelheit fanden wir am seichten Ufer schließlich einen Übernachtungsort. Dank eines großen Feuers waren wir sicher vor gefährlichen Tieren und nur die wechselnde dreistündige Nachtwache bewahrte uns vor schlimmeren.

Am Morgen des zweiten Tages kamen wir an eine Furt, die von einer beeindruckenden Festung geschützt war. Hier kauften wir auf dem kleinen Marktflecken die notwendigen Nahrungsmittel ein, um die kommenden Tage autark auf dem Fluss überleben zu können. Gegen Nachmittag begann sich die Flusslandschaft zu weiten und an den Hängen sahen wir uns unbekannte Pflanzen, die sich in Reih‘ und Glied an die Berge schmiegten. Gleichzeitig wurden die Menschen am Fluss auch wieder häufiger, jedoch schienen diese von einem ganz anderen Schlag zu sein. Ihr Äußeres war durch eine nicht zu leugnende Kugelförmigkeit gekennzeichnet. Die weiblichen Wesen hatten eigenartig lilagefärbte Strähne in ihren Haaren während die Männer offenbar zu Fettleibigkeit im Bauchbereich neigten. Die Jugendlichen wiederum taten sich mit Grutzlauten gegenüber anders aussehenden Menschen hervor. In einem Ort, der als Treffpunkt der Dorfgemeinschaft zu dienen schien, sahen wir Schwarz-Weiß-Bilder mit an die Schwastika erinnerten Symbolen an der Wand hängen. Ein in dieser Gegend nicht unüblicher Kult. Um diese Gegend besser studieren zu können, landeten wir hier an und verbrachten die Nacht unter den Eingeboheimischen. Ein Abend wie er uns noch lange in Erinnerung bleiben wird.

In the land of the wild
In the land of the wild

Am darauffolgenden Morgen waren wir nun bereits viel besser mit unseren Booten vertraut und die Fahrt verlief immer reibungsloser. Der Fluss wurde infolge mehrerer Zuflüsse deutlich breiter, wobei die Strömungsgeschwindigkeit jedoch entsprechend abnahm, so dass wir trotz unsagbarer Hitze nur mit unserer eigenen Muskelkraft ein Vorwärtskommen sicherstellen konnten. Das schlauchte natürlich ungemein. Wie froh waren wir als wir aus der Ferne die Zisternen der Burg Weißenfels sahen, dem Endpunkt unserer Expedition zum Mittellauf der Saale. In Rekordverdächtiger Zeit zerlegten wir die Boote, verpackten sie sorgfältig in Rucksäcke und setzen uns selbige auf und bestiegen ohne Umschweife den Zug in Richtung Leipzig, wo wir ohne Hurra-rufe und ohne Girlanden von niemanden begrüßt wurden. Wie sooft waren wir unsere Zeit einmal wieder voraus. Die in naher Zukunft erscheinenden mehrbändigen Kompendien über die Völker am Mittellhauf der Saale werden jedoch von der heldenhaften Reise auch noch in Zukunft zu berichten wissen.