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Im Reich der Deutschen Bahn

„Wenn einer eine Reise tut, hat er was zu erzählen“, behauptet jedenfalls der Volksmund. Ob bei der Entstehung dieser Redensart die Deutsche Bahn Pate stand, ist nicht überliefert, aber es scheint doch mehr als wahrscheinlich. Angesichts der Misere, die einem bei einer Reise mit der Bahn immer wieder aufs Neue begegnet, scheint es jedoch mehr als wahrscheinlich. Denn genauso alt und antiquiert wie das Sprichwort ist leider auch Service.

Ok, vielleicht sollte man das Ganze nicht gleich so hoch aufhängen. Zugegeben, Service ist ein ziemlich komplexer Begriff, den man vermutlich zuerst mit „sich Wohlfühlen“, Wünsche-von-den -Augen-ablesen, einem „Sehr gern“ oder „Dienste am Kunden“ in Verbindung bringt. Und genau dieses „jemandem zu Diensten sein“, war und ist in Deutschland schon immer negativ besetzt gewesen. Dass dies den Deutschen ohnehin etwas schwerer zu fallen scheint, als anderen europäischen Nachbarn ist jedoch schon wieder ein ganz anderes Thema.

Die Deutsche Bahn scheint, ihren vollmundigen Ankündigungen zum Trotz, den Mangel sämtlichen Services zum Markenzeichen erhoben zu haben. Ein Schaffner, der freundlich und hilfsbereit ist, schafft es manchmal sogar auf die „Was-mir-heute-denn-so-alles-passiertist– Liste, von der man seinen Freunden am Abend berichtet. Trauriger Alltag sind leider vielmehr mürrische, nicht mal das „Guten Tag“ erwidernde Bahnmitarbeiter, im Bahnspeak „Zugbegleiter“ genannt. Wahrscheinlich ist ja auch genau das der Punkt; diese Personen begleiten den Zug und nicht ihre darin befindlichen Kunden. Das hat nur noch niemand verstanden!

Vielleicht wird man daher oft auch als Außerirdischer wahrgenommen, wenn man um eine Auskunft bittet oder nur schwer Verständnis dafür aufbringen kann, dass der Schienenersatzverkehr schon 25 min vor der eigentlichen Abfahrt des Zuges abfährt. Oft hat man den Eindruck, dass die Bahn in genau dem Maße ihre Kunden wahrnimmt, nämlich als not from this world, als Subjekte mit irgendwelchen bizarren Wünschen, denen man nur mit mürrischem Unverständnis begegnen kann. Selten habe ich den letzten Jahren soviel Inkompetenz, Verweigerung am Kunden und Unhöflichkeit erlebt wie kürzlich auf einer Reise mit der Deutschen Bahn.

Aber eines muss man der Bahn dann doch zugutehalten: Nach jeder Reise mit ihr hat man wieder etwas zu berichten. Am Ende gäbe es vielleicht ohne die DB, in dieser oft so anonymen, globalen Servicewelt gar keine Geschichten mehr zu erzählen. Und das wollen Sie, verehrter Leser / verehrte Leserin doch am wenigsten, oder?