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Harar…my love

Oromo-Frauen auf dem Weg in die Stadt
Oromo-Frauen auf dem Weg in die Stadt

Für jemanden, der noch nie in Harar, im Osten Äthiopiens war, ist es vermutlich schwer nachvollziehbar, warum man diesen Ort, diese Stadt, die von einer Mauer seit dem 16. Jahrhundert vollständig umgeben ist, so faszinierend findet.

Man könnte damit beginnen, dass bereits große klangvolle Namen früherer Hasardeure und Abenteurer wie Rimbaud, Burton oder de Monfreid in ihren Geschichten von Harar als einem mystischen Ort des Austausches von Waren, Kulturen und Ideen berichteten.

Oder aber man verwiese auf die innerhalb der Stadtmauern sich bis heute eigenständig erhaltene Kultur – der Aderi mit ihren typischen Wohnhäusern, Traditionen und dem Harari, einer alten mit dem Arabisch verwandten Sprache.

Außerdem sollte man nicht unerwähnt lassen, dass sie Dank Ihrer Lage am östlichsten Ausläufer der „roten Berge“ und der Nähe zum Roten Meer, zur sagenumwobenen Hafenstadt Zeila, der Handelsknotenpunkt zwischen den Anrainern am Horn von Afrika und dem Äthiopischen Kaiserreich bzw. dem Schwarzafrikanischen Hinterland war und teilweise noch heute ist. Die vielfältigen Gesichter ihrer Bewohner verweisen auf ihre äthiopischen, arabischen, somalischen und schwarzafrikanischen Einflüsse. Aber auch Inder, Griechen und Italiener waren und sind bis heute in dieser Stadt zu Hause. Allein das babylonische Sprachgewirr übt auf mich jedes Mal eine besondere Faszination aus.

Aber einzig ein Einblick in den vermeintlich schnöden Alltag der Menschen der Stadt offenbart dem Besucher das Gefühlsleben der Stadt. In den Labyrinth artigen Gassen der Stadt sitzen schon früh am Morgen die in bunte Tüchern gehüllten Oromo-Frauen, die man vor allem an ihrem goldenen Nasenschmuck erkennt. Sie verkaufen den Ertrag ihrer Felder- Zwiebeln, Möhren, Tomaten, manchmal auch Kartoffeln. Schon ab dem frühen Nachmittag nutzen wiederum die Männer die länger werdenden Schatten der Mauern, um gemeinsam mit Freunden und Nachbarn Qat zu kauen. Eine dem Koka-Blätter-Kauen nicht ähnliche Beschäftigung, die den Rhythmus der Stadt, ja der ganzen Region bestimmt. Abends wiederum treffen sich dann in einem der vielen Schreine der Stadt die Sufis zum gemeinsamen Singsang und gleichzeitigen (weiteren) Qat-Kauen.

Wobei wir damit beim eigentlich faszinierendsten Aspekt angelangt wären. Dem toleranten, friedvollen, ja teilweise kosmopolitisch anmutenden Umgang der Menschen miteinander. Und wir sprechen von der äthiopischen Provinz! Und das ist, was mir ganz persönlich so an dieser Stadt gefällt. Der Umstand, dass eine über Jahrhunderte von verschiedensten Einflüssen geprägte urbane Bevölkerung einen „Beat“ gefunden hat und bis heute weitestgehend bewahren konnte, wegen dem es u.a. heutzutage so viele Menschen nach Melbourne, Dubai oder Toronto zieht.

Dem interessierten Reisenden möchte ich an der Stelle nicht verschweigen, dass es seit kurzem endlich möglich ist innerhalb der für Nichtmuslime früher verbotenen Altstadt in einem kleinen Gästehaus zu übernachten. Dort kann man dann so lange man möchte im grünen Hof unter dem Vollmond sitzend dem Spiel der Zikaden zuhören währenddessen eine leicht von den Bergen herabströmende kühle Brise die Hitze des Tages vertreibt.

Burton Gate
Burton Gate
Playing in the old city
Playing in the old city
Grab eines Heiligen
Grab eines Heiligen
Taditionelles Hararhaus
Traditionelles Hararhaus
Gasse in der Altstadt
Gasse in der Altstadt